Rundbrief: Trotz Schwierigkeiten - unsere Hilfe kommt an!

Wir sind im September erneut nach St. Petersburg gefahren! Die Reise führte unsere Vorstandsmitglieder Volker Carroll, Clara Kries und mich über Tallinn und von dort mit dem Bus nach St. Petersburg. Wir haben fast alle Projekte unserer russischen Partnerorganisation Perspektivy besuchen können und sind nach einer Woche mit vielen positiven Eindrücken zurückgekehrt. Davon möchten wir Ihnen berichten.

* Titelfoto: Vertrauensvolles und herzliches Wiedersehen mit den Leitungskräften von Perspektivy: Freude und Dankbarkeit über das gemeinsam Erreichte wiegen schwerer als die Probleme der Gegenwart.

Liebe Freundinnen und Freunde von Perspektiven!

Wir beginnen mit einem Blick auf schwierige Rahmenbedingungen, unter denen die Arbeit von Perspektivy angesichts des völkerrechtswidrigen russischen Kriegs gegen die Ukraine stattfindet. Die Lage bedeutet persönliche Belastungen für viele Mitarbeitende. Sie blicken mit Traurigkeit und Scham auf ihr Land, oft wissen sie nicht, ob sie jemandem trauen können, Misstrauen vergiftet die Gesellschaft. Aber auch für die Organisation Perspektivy bringt die Lage große Herausforderungen mit sich.

- Es gibt keine internationalen Freiwilligen mehr bei Perspektivy. Sie haben den betreuten Menschen Aufmerksamkeit geschenkt und sie im Alltag unterstützt. Doch für das Selbstverständnis von Perspektivy waren die Freiwilligen viel mehr als zusätzliche Arbeitskräfte: Sie sind Teil der internationalen Organisation Perspektivy, für die die deutsch-russische Zusammenarbeit genau so bedeutend ist wie der internationale Austausch und das friedliche Zusammenleben aller Völker.

- Die Gefahr, dass Perspektivy von den Behörden als ‚Ausländischer Agent‘ registriert wird, ist noch größer geworden. Es ist ein Mittel, mit dem der Staat kritische gesellschaftliche Organisationen einschüchtert, mit Strafen belegt oder ganz verbietet. Es ist für Perspektivy trotzdem selbstverständlich, weiterhin offen über unsere Zusammenarbeit und unsere finanzielle Unterstützung zu berichten und auch in Opposition zu staatlichen Behörden zu stehen, wenn es darum geht, für die Rechte von behinderten Menschen einzutreten.

- Viele Reformvorhaben, die auf strukturelle Verbesserungen der Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen zielen, drohen jetzt im Sande zu verlaufen. Es gibt weniger Aufmerksamkeit für diese Themen, andere Prioritäten und fehlende Ressourcen.

- Hinzu kommt: Es wird immer schwieriger, Personal zu finden. Einige Mitarbeitende haben Russland verlassen, der Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte ist enorm, zudem kann Perspektivy nicht die gleichen Gehälter zahlen wie in staatlichen Einrichtungen. Auch russische Freiwillige, die sich für mehrere Monate engagieren wollen, sind schwer zu finden.

Trotz der Schwierigkeiten: Perspektivy verbessert Tag für Tag die Lebensbedingungen vieler Menschen und unterstützt sie auf ihrem Weg zu mehr Selbstbestimmung und Teilhabe.

Dabei helfen seit Mai und Juli immerhin zwei deutsche Freiwillige im Erwachsenenheim in Peterhof. Das ist gerade nicht selbstverständlich und wir prüfen fortlaufend, ob wir diese Möglichkeit aufrechterhalten können. Anfang November ist sogar eine dritte Freiwillige ausgereist, die für drei Monate im Kinderheim in Pawlowsk unterstützt.

Über die erfreulichen Entwicklungen im Kinderheim konnte ich Ihnen nach unserer letzten Reise im Dezember 2022 berichten. Beim jetzigen Besuch hat mich vor allem die Freundlichkeit der staatlichen Mitarbeiterinnen beeindruckt, die mir offen und motiviert von ihrer Arbeit erzählten und sich positiv über die Veränderungen der letzten Jahre äußerten.

Im Erwachsenenheim in Peterhof wurde uns eine neue Pflegestation gezeigt, welche das Internat auf Betreiben von Perspektivy eingerichtet hat. Hier gibt es mehr Personal als in den anderen Abteilungen, die Lebensbedingungen sind besser. Auf dieser Station leben vor allem junge Frauen und Männer, die kürzlich aus Kinderheimen hierher verlegt wurden. Dieser Übergang stellt eine enorme Herausforderung dar, weil die Bedingungen im Internat deutlich schlechter sind. Auf der neuen Station erfahren diese jungen Menschen individuelle Ansprache und Fürsorge, wodurch ihnen der Übergang besser gelingt.

Besonders positiv sind uns die Besuche in den vier betreuten Wohngruppen in Erinnerung. Hier kümmern sich die Mitarbeitenden von Perspektivy fürsorglich um das Wohlergehen der zum Teil sehr schwer beeinträchtigten Bewohnerinnen und Bewohner. Die meisten von ihnen haben zuvor entweder im Kinderheim in Pawlowsk oder im Internat in Peterhof gelebt. Die Wohnungen sind mit allem Notwendigen ausgestattet. Perspektivy bemüht sich um tägliche Beschäftigungsmöglichkeiten für die Menschen, auch außerhalb der eigenen vier Wände, zum Beispiel in städtischen Sozialrehabilitationszentren. Allerdings finden gerade Menschen mit schweren Behinderungen hier oft keinen Zugang. Das bedeutet viel Überzeugungsarbeit für die Mitarbeitenden von Perspektivy.

Andererseits kommen ständig Mitarbeitende anderer Organisationen und staatlicher Einrichtungen in die Projekte von Perspektivy um sich anzuschauen, wie Selbstbestimmung und Teilhabe für Menschen mit schweren Behinderungen möglich sind. Perspektivy ist weiterhin engagiert in staatlichen und zivilgesellschaftlichen Arbeitsgruppen zur Reform der Heimunterbringung oder zu Entwicklungsstrategien für das betreute Wohnen. Immer mehr Menschen aus dem Internat in Peterhof wollen das Heim verlassen und selbstständig leben, allein oder mit Unterstützung.

In diesem Bereich gibt es großen Reformbedarf in Russland, wo die meisten Menschen mit Behinderungen noch immer in riesigen Internaten leben müssen. Volker Carroll ist auch dieses Mal gern dem Wunsch von Perspektivy gefolgt, Fortbildungen zu den Themen Qualitätssicherung und Entwicklung des betreuten Wohnens durchzuführen.

Unsere fachliche Unterstützung bleibt sehr gefragt, unsere finanzielle Hilfe ebenso. Wir danken Ihnen für Ihr Interesse und Mitwirken im zurückliegenden Jahr! Wir hoffen, dass Sie uns weiterhin unterstützen und möchten Sie schon heute herzlich einladen zu einem Benefiz-Nachmittag mit dem wunderbaren Upsala Zirkus für Perspektiven am 10.5.2025 im Zirkuszelt des Circus Schatzinsel mitten in Berlin. Wir möchten an diesem Tag mit Ihnen ins Gespräch kommen und freuen uns auf diese Begegnungen..

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Frohe Weihnachten und herzliche Grüße


Ihr Thomas Seifert


Geschäftsführer von Perspektiven e.V.

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Rundbrief: Mehr Teilhabe für Menschen mit Behinderungen

Ziel unserer Arbeit ist es, den von uns geförderten Menschen in St. Petersburg ein einigermaßen erfülltes Leben zu ermöglichen. Dazu gehört auch die Entwicklung ihrer Talente und Fähigkeiten durch Kunst und Kultur. Gleichzeitig ist es wichtig, die Akzeptanz von Menschen mit schweren Behinderungen in der Gesellschaft zu fördern.

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Rundbrief: Träume werden manchmal Wirklichkeit!

„Mein Traum? Ich will in einer eigenen Wohnung wohnen, mit eigenem Tisch und eigenen Stühlen. So wie ich Lust hab“, sagt Sweta in unserem Film „HEIM WEH“, den wir vor elf Jahren über unsere Arbeit in Russland gedreht haben und den Sie sich auf unserer Homepage anschauen können. Doch für ihren Traum gab es im Erwachsenenheim in Peterhof nie Platz.

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Rundbrief: Impfung gegen die Niedergeschlagenheit

Lange Zeit war es gute Praxis, dass sich unser Vereinsvorstand jedes Jahr mit der Leitung unserer Petersburger Partnerorganisation Perspektivy zu einem Fachgespräch getroffen hat. Die Treffen fanden abwechselnd in Berlin und St. Petersburg statt - bis 2019. Dann kam Corona, und dann kam der Krieg.

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Rundbrief: Unsere Hilfe läuft weiter!

Wir werden in diesen Monaten oft gefragt: Könnt Ihr noch in Russland arbeiten, helfen? Passiert dort überhaupt noch etwas? Mit unserem Rundbrief möchten wir auf diese Fragen antworten.

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Rundbrief: Solidarität gegen Entfremdung

Auch in St. Petersburg hinterlässt der Krieg in der Ukraine seine Spuren. Darüber berichten wir in unserem Juni-Rundbrief. Für Perspektivy ist es eine schwierige Zeit. Die Hilfe aus Deutschland bleibt wichtig.

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Rundbrief: 25 Jahre Freiwilligenaustausch

Wir feiern 25-jähriges Jubiläum. Aus diesem Anlass stellen wir in unserem Dezember-Rundbrief zwei Freiwillige vor und erzählen, wie alles begann. 

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Unser Juni-Rundbrief ist da!

In unserem Sommer-Rundbrief 2021 stellen wir einen Artikel aus der "Nowaja Gaseta" vor, der das Leid der Menschen in den russischen Heimen sichtbar macht. Außerdem berichten wir von der Einweihung der Gedenktafel für Margarete von der Borch in St. Petersburg. 

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Unser Rundbrief ist da!

Im Dezember-Rundbrief berichten wir, wie das Corona-Jahr die Arbeit von Perspektivy in St. Petersburg verändert hat - auf negative, wie auch positive Art und Weise.